Die Burschenschaft Falkenberg – Hüterin lebendiger Kirmestradition
Im nordhessischen Ortsteil Falkenberg der Gemeinde Wabern ist die Burschenschaft Falkenberg eine zentrale Institution, die seit Generationen das kulturelle Leben des Dorfes prägt. Ihr Hauptanliegen ist die Organisation der alljährlichen Kirmes – einem Fest, das tief in der Geschichte und im Gemeinschaftsgefühl des Ortes verwurzelt ist. Die Kirmes ist nicht nur ein geselliges Ereignis, sondern gelebte Tradition, getragen insbesondere von der Burschenschaft.
Die Ursprünge der Kirmes in Falkenberg reichen bis in die Zeit vor 1900 zurück. Während Kirmes vielerorts als Kirchweih gefeiert wurde, entwickelte sie sich in Falkenberg – einem Ort ohne eigene Kirche – eher zu einem Erntefest. Traditionell wurde sie Anfang September nach Abschluss der Ernte gefeiert. Besonders an Falkenberg ist, dass die Kirmes nicht jedes Jahr stattfindet, sondern in regelmäßigem Abstand ausgesetzt wird – ein Brauch, der bis heute gepflegt wird und dem Fest dadurch einen besonderen Stellenwert verleiht.
Die Burschenschaft Falkenberg entstand als Zusammenschluss junger Männer, die die Kirmes organisierten und durchführten. Sie planten das Festzelt, luden Musikkapellen ein und hielten die Traditionen lebendig. Ein bedeutender Wandel kam im Jahr 1970, als die Burschenschaft offiziell für Frauen geöffnet wurde. Seitdem gehören die sogenannten Kirmesmädchen fest zur Gemeinschaft. Ihr Engagement führte u. a. zur Einführung des beliebten Kaffee- und Kuchennachmittags am Samstag, der heute ein fester Bestandteil der Feierlichkeiten ist.
Die Kirmeswoche beginnt traditionell am Donnerstagabend mit einem internen Treffen der Burschenschaft – einem kameradschaftlichen Abend, der nur den aktiven Mitgliedern vorbehalten ist und die Vorfreude auf das bevorstehende Fest stärkt.
Der Freitag markiert den offiziellen Start der Kirmes. Am Nachmittag marschiert die Burschenschaft zum Ehrendenkmal auf dem Friedhof, um der verstorbenen Mitglieder und Dorfbewohner zu gedenken – ein feierlicher Moment, der die Verbundenheit der Dorfgemeinschaft mit ihrer Geschichte unterstreicht. Anschließend erfolgt das feierliche Anspielen der Kirmes, mit dem das Fest musikalisch eröffnet wird.
Am Samstag folgt der gemütliche Kaffee- und Kuchennachmittag im Festzelt, organisiert von den Kirmesmädchen. Am Abend findet der traditionelle Tanzabend statt, bei dem ausgelassen gefeiert wird.
Der Sonntag beginnt mit einem Festgottesdienst. Danach zieht die Kirmesgesellschaft gemeinsam mit Musik durch das Dorf. Der Umzug ist ein Höhepunkt, bei dem die Dorfbewohner und Gäste die Burschenschaft, geschmückt mit Farben, Fahne und Festkleidung, feiern.
Der Montag steht ganz im Zeichen des Abschieds: Beim traditionellen Kirmesbegräbnis im Park wird das Fest symbolisch zu Grabe getragen – eine rituelle Zeremonie, die mit Humor und ein wenig Melancholie das Ende einleitet. Abends folgt nochmals ein Tanzabend, bei dem die prachtvoll gestickte Kirmesfahne verlost wird. Diese wird vom Gewinner oder der Gewinnerin bis zur nächsten Kirmes aufbewahrt – ein ehrenvolles Symbol der Verbindung mit der Tradition.
Der Dienstag hingegen ist kirmesfrei – das Dorf kommt zur Ruhe, die Kirmes ist vorbei.
Die Kirmes in Falkenberg ist reich an Symbolik und Brauchtum. Das Kirmesbegräbnis, der Marsch zum Ehrenmal und die Fahnenverlosung sind Ausdruck eines dörflichen Selbstverständnisses, das Tradition und Gemeinschaft großschreibt. Die Burschenschaft ist dabei weit mehr als nur ein Festverein – sie bietet Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen und aktiv das Dorfleben mitzugestalten.
Noch heute wird zur Kirmes die alte Frage gestellt:
„Wos honn mäh?“ – „Kir-me-se!“